Was ist EBM?

Auch nach über 30 Jahren taucht nicht selten die Frage auf:

Was ist EBM?

… oder was kennzeichnet diese, für viele Menschen immer noch irritierende, Musikrichtung – welche Geschichte existiert dazu?

Electronic Body Music, kurz EBM, ist ein in den frühen achtziger Jahren entstandener Musikstil, der sich durch sich wiederholende Sequenzerläufe, vorwiegend tanzbetonte Rhythmen, sowie klare, parolenähnliche bis aggressive Shouts auszeichnet.

Einige Gruppen bevorzugen zudem eine Art gepressten Sprechgesang mit düsteren Anleihen.

Merkmale der Electronic Body Music

EBM gilt als Verbindung von britischem Industrial (Cabaret Voltaire / Throbbing Gristle) und paneuropäischen Elektro-Sounds – konkret DAF & Die Krupps; von diesen Bands stammt das gerne zitierte Thema „Arbeit, Schweiß & Muskelkraft“ – und zählt unter anderem zu den Wegbereitern des modernen Techno.

Das Genre konnte ab der zweiten Hälfte der 80er Jahre ebenfalls in Ländern wie Schweden, Japan und einigen Regionen der USA (dort unter dem groben Label Industrial) Fuß fassen.

Im Gegensatz zu vielen anderen elektronischen Richtungen werden die Sounds so gut wie nie übersteuert, typisch ist der zumeist klare, harte Anschlag der Bässe.

Distortion-Effekte nutzen einige EBM-Bands ebenfalls, diese werden bewusst und meist moderat – zur Idee des Tracks passend – eingesetzt. Sinnloses Voice-Gesplatter entfällt.

Klare ausgearbeitete Soundstrukturen

Ein Großteil der Formationen widmet sich klar strukturierten bis reduzierten Klängen, die aber konkret eine große Bandbreite an Stimmungen abdecken. Selbige umfassen aggressive bis teilweise klaustrophobische Anteile.

Einige Projekte besitzen größere Fähigkeiten im Songwriting, sodass die Electronic Body Music nicht nur aus treibenden bis pogotauglichen Tracks besteht, sondern auch ausgearbeitete, komplexe Songs bieten kann.

Besonders nordamerikanische Gruppen fabrizieren gerne auffällig komplexe Arrangements oder versuchen, die Gitarre als Stilmittel zu integrieren. Letztere Ausflüge sind bis heute umstritten.

Obwohl in der Ausrichtung klar zu erkennen, weisen einige Electronic Body Music Bands Schnittmengen zu Richtungen wie klassischem Industrial, Electro oder seltener auch Synthie Pop oder gar Rock auf.

Boom, Krise und Reformierung der EBM-Szene

DAF ebnete bereits während der NDW-Zeit den Weg, der allgemeine Trend der 80er Jahre zur Nutzung elektronischer Sounds und Instrumente gehört ebenfalls zum relevanten Kontext der Body Music.

Zeitgeschichtliche Aspekte der 80er Jahre spielen ebenfalls eine Rolle: der Kalte Krieg, die wachsende Arbeitslosigkeit durch technischen Fortschritt, die Katastrophe von Tschernobyl und die fortdauernde Gefahr eines atomaren Krieges auf der einen Seite, die musikalische Aufbruchstimmung der vom Punk und New Wave beeinflussten Generation auf der Anderen.

Durchbruch

Bands wie Front 242 oder Nitzer Ebb etablierten die EBM Ende der 80er Jahre dann endgültig. Durch Auftritte im Vorprogramm von Depeche Mode wurde die damals im Underground eh schon angesagte Musik einem größeren Publikum zugänglich gemacht – eine jugendliche subkulturelle Szene entstand.

Eine Zeit lang war Anfang der 90er Jahre offen, welche elektronische Richtung sich durchsetzen würde: EBM oder Techno. Zu dieser Zeit befanden sich Bands wie Front 242 in den hiesigen Charts, Techno fungierte kurzfristig sogar als Synonym für EBM.

Techno setzte sich durch

Nachdem schließlich die Techno-House-Musik (zunächst „Tekno“ oder bei größerer Wucht „Tekkno“ geschrieben) gehypt und vermarktet wurde, waren viele Electronic Body Music Bands auf der Suche. Sie landeten nicht selten im Crossover / Dark Electro / Techno. So verschwand die Body Music im Laufe der 90er Jahre nahezu vollständig von der Bildfläche.

Das Label EBM wurde allerdings oft munter und bisweilen unreflektiert weiter genutzt, die Klassiker der EBM-Musik liefen zudem auf den sogenannten „Schwarzen Szenepartys“ weiter.

Subkulturelle Fortsetzung der EBM-Musik

Erst mit aufkommender Unzufriedenheit über den mauen Status quo und der Dominanz von Future Pop und sehr redundant klingendem Electro in den Clubs reformierte sich Anfang des neuen Jahrtausends eine neue, betont klassisch orientierte Electronic Body Music Szene.

Diese brachte bis heutigen Tage eine Vielzahl neuer Bands hervor und kennzeichnet sich durch enorme Aktivität.

Der Begriff old school EBM (manchmal auch oldschool EBM) etablierte sich, zunächst als Differenzierungsmerkmal.

In diesem Zuge kehrten auch einige „alte“ Vertreter zurück, sodass derzeit ein munteres Nebeneinander von alten und frischen Bands vorzufinden ist. Oder wie mal jemand sagte: EBM kam damals zu früh für die Leute; sie lieben die Musik – sie wissen es nur nicht.

Discos und Outfit

EBM fand in reduziertem Umfang in den 90er Jahren eher in Clubs der „Schwarzen Szene“ eine pragmatische Heimat, die Musik lief in den 80er Jahren auch bereits in Kombination mit New Wave, aber eben zudem auf Veranstaltungen mit frühem Techno, Aggrepo und New Beat, härtere Töne in „normalen“ Discos waren keine Seltenheit.

Schwerpunkte waren Berlin und das Dorian Gray im Frankfurter Flughafen.

Obgleich musikalisch anders gelagert, erinnern einige EBM-Fans mit ihren Docs uns den kurz rasierten Haaren oder Flats Außenstehende zunächst teilweise an die Psychobilly- oder Oi-Szene.

Sie begegnet auch ähnlichen Vorurteilen, hat sich aber politisch niemals vereinnahmen lassen. Es wird eher darauf geachtet, Demagogen keine Plattform zu bieten und sich nicht vor den Karren spannen zu lassen.

Das heißt nicht, dass nicht politische Themen oder Szenarien als Ideen oder Sample verarbeitet werden. Sei es in thematisierender, kritisierender oder provokanter Form.

Zugang zur EBM-Szene hat und hatte prinzipiell jeder, der sich für die Musik begeistert.

Übersicht: neue und alte EBM Bands.